Bergsport für Frauen: Frauenklettern – Freizeit, Spaß und Inspiration
„Ich bin Wasserfrau und liebe den Überblick von oben! Schon
als Kind bin ich immer auf Bäume geklettert und an den Heizungsrohren unserer
Neubauwohnung auf die Schränke meiner Eltern“, sagt Petra, Mitglied der
Frauenklettergruppe Berlin. Sie ist nur eine der stetig wachsenden Gruppe von
Frauen, die ihre Liebe zu diesem Sport entdeckt haben und ausleben: Der
Klettertrend boomt ungebrochen – und etabliert sich vor allem unter Frauen.
Klettern wird am Fels oder in der Halle in zahlreichen Varianten betrieben. Grob
unterscheiden kann man derer drei: Das Sportklettern wird indoor an der
Kletterwand oder auf kurzen Touren in der Bergwand ausgeübt, alpines Klettern
hingegen zeitlich ausgedehnter an hohen Wänden in den Alpen. Eine dritte,
besonders trendige Variante ist das Bouldern. Hierbei werden kurze und niedrige
Felsblöcke bezwungen – jedoch herrschen trotz des Kletterns ohne Seil in
Absprunghöhe zum Teil sehr hohe Schwierigkeitsgrade vor. Alle Varianten haben
gemeinsam, dass das Ziel in den meisten Fällen das Durchklettern einer
bestimmten Kletterroute ist.
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Unter den bundesweit mehr als 250 000 Sportkletterern beträgt der Anteil der
weiblichen Kletterer mittlerweile rund 40 Prozent – die höchsten Zuwachsraten
verzeichnet der Klettersport bei Frauen unter 24 Jahren. Da erscheint es nur
logisch, dass das Angebot an Frauenkletterkursen verschiedenster
Schwierigkeitsgrade in den letzten Jahren beinahe explodiert und eine Vielzahl
reiner Frauenklettergruppen entstanden ist. „Frauen emanzipieren sich auch in
der Sportwelt und definieren ihren eigenen Zugang zum Erlebnis am Berg. Sie
verstecken sich nicht hinter den männlichen Kletterern und agieren
selbstbewusst", erklärt Martina Kolvenbach, Kletterin und Produktdesignerin beim
deutschen Bergsportausrüster VAUDE. „Wenn Frauen in der Gruppe unter sich sind,
ist die Hemmschwelle, bei Problemen einfach einmal nachzufragen, auch wesentlich
geringer als in Mischgruppen.“
Doch was genau ist es, was Frauen an diesem Sport so reizt? „Klettern ist bei
Frauen besonders beliebt, da es von den Bewegungsabläufen sehr ästhetisch wirkt.
Außerdem sind Frauen leichter und beweglicher als Männer. Die technischen
Anforderungen kommen ihnen entgegen, denn Klettern ist kein Kampfsport, sondern
verlangt Flexibilität und Kreativität", sagt Andrea Händel, Pressesprecherin des
Deutschen Alpenvereins (DAV). Im Vergleich zu Männern arbeiten Frauen also eher
mit Technik als mit Kraft.
Szenekenner sind sich dieser unterschiedlichen Ansprüche bewusst und so gehen
die Ausrüster zunehmend auf die speziellen Anforderungen weiblicher Kletterer
ein. Antje von Dewitz, Marketingleiterin und angehende Geschäftsführerin des
Bergsportausrüsters VAUDE aus Tettnang, weiß zu berichten: „Mehr als zwei
Drittel unserer Beschäftigten sind weiblich, der Großteil davon selbst aktive
und begeisterte Kletterer. Dadurch wissen wir, welchen Stellenwert der Bergsport
bei immer mehr Frauen hat. Wir erhalten von unseren Mitarbeiterinnen viel
firmeninternes Feedback, das uns dabei hilft, unsere Produkte optimal an die
speziellen Bedürfnisse der Frauen anzupassen.“
Begibt man sich weiter auf die Suche nach den Reizen des Kletterns, so liegt ein
weiteres Augenmerk auf der mentalen und sozialen Herausforderung, die dieser
Sport darstellt. Klettern spricht verschiedene menschliche Ebenen wie Denken,
Fühlen und Handeln direkt an. Abseits des Alltags mit seinen Verpflichtungen und
seinem hohen Tempo sind neue Begegnungen möglich. Die Inspiration der Berge und
der umgebenden Natur entfalten sich und erlauben dem Menschen eine
Entdeckungsreise in eigene Spielräume. Das weckt Potenzial: Die volle
Konzentration auf eine Route verdrängt alle Gedanken an den Alltag und
vermittelt ein einzigartiges Gefühl von Freiheit. Die Auseinandersetzung mit den
eigenen Fähigkeiten und mit der eigenen Persönlichkeit eröffnet beim Klettern
die Möglichkeit, Vertrauen in sich und andere zu gewinnen und das
Selbstbewusstsein zu stärken. Zwar ist Klettern kein Mannschafts-, aber dennoch
ein Gruppensport, bei dem das gemütliche Beisammensein danach zum festen Ritual
gehört.
Viele Institutionen haben diesen großen pädagogischen Wert des Kletterns erkannt
und nutzen ihn bereits. So bietet das Frauenhaus Straubing in Zusammenarbeit mit
dem Deutschen Alpenverein erlebnispädagogische Kletterkurse an. Von den
Teilnehmerinnen wird auf dem Weg zur Zielerreichung Selbstüberwindungskraft,
körperliche Kondition, persönliches Engagement und gegenseitiges Vertrauen
verlangt. Das Erklimmen der Kletterwand fordert Entscheidungen, die einem auch
das Leben an sich abverlangt: Wo beginne ich? Welche Route ist besser? Hält der
nächste Tritt? Kann ich auch mal etwas riskieren? „Durch das gegenseitige
Sichern lernen und üben die Teilnehmer Verantwortungsbewusstsein füreinander und
bei Erreichen des Ziels bekommen die Frauen mehr Selbstbewusstsein und
Selbstvertrauen. Notwendige Absprachen schulen Kooperations- und
Kommunikationsfähigkeit", so Anneliese Weichselgartner, Sozialpädagogin im
Frauenhaus. Die im Angebot erlernten und geübten Fähigkeiten und Fertigkeiten
gilt es im Anschluss in den Alltag zu übertragen.
Dass der nötige Spaß bei allem natürlich nicht fehlt, versteht sich von selbst.
„Es war gut zu testen, wo die eigenen Grenzen liegen. Wir haben neue Wege
entdeckt und konnten Höhenangst überwinden", waren die Reaktionen der
Teilnehmerinnen.
Frauenklettern – ein ästhetischer, erfüllender Sport, der immer mehr Zulauf
erhält und sogar Inspiration für neue (Lebens-)Wege sein kann.
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